Wie beeinflussen Blogs die Architekturkritik? Die Londoner Architektin und Medienfrau Amanda Levete übt modernistische Medienkritik.

Architekturkritik? Wann sind Texte über Architektur reine Darstellung des Wohlgefallens an der Schönheit der Werkidee und deren Umsetzung; wann vor allem Übersetzungen der (unverstandenen) Anliegen einer Disziplin gegenüber ihrem breiten Publikum; und auf welchem Kanal dürfen, können, sollen Texte über Architektur und Städtebau überhaupt noch kritisch gegenüber den Auftraggebern, Planern, Autoren und Architekten sein? Wieso nicht gerade auf Blogs? Oder ist die Sache mit der Architekturkritik keine Frage des Mediums, sondern einfach so zu erklären, wie Lise Anne Couture und Hani Rashid 2008 an der Biennale in Venedig mit ihrem Statement zur Architekturvermittlung behauptet haben: Kritiker sind in der Regel “frightened” und Theoretiker frustiert!

Profilierung durch schnelles Schreiben

Die Deutsche Bauzeitung vom Oktober 2010 hat die Londoner Architektin Amanda Levete zum  Thema Architekturkritik und Blogs wie folgt zitiert:

“Architectural critique comes increasingly from profileration of blogs which give an instantaneus and anonymous critique based on a few seconds viewing of a few images online. And yet more is being asked of architects as thinkers and social commentators than ever before. There is a real mis-match here.”

Recht hat sie: Auch Architektinnen und Architekten sind im Zeitalter des Web 2.0, in dem Kommunikationsformen wie Blogs und Twitter als publizistische Schnellboote funktionieren, als Denkende und Sozialkommentatoren gefragt. Nur: Ihr Statement kann auch so – klassisch modern – interpretiert werden: Auf der einen Seite der oder die tiefgründig und mit Präzision denkende und entwerfende Architekt/in, dort die oberflächliche Masse mit dem schnellen Medium Internet, die es einmal mehr über die bessere (Architekten-)Welt aufzuklären gilt. Dazu taugt das Web gewiss nicht. Bleibt zudem die Frage, wer unter den Architekten/innen überhaupt noch die Zeit und das Können hat für fundierte Kommentare bzw. Gesellschafts- und Medienkritik. Architekten sind zum Bauen da. Und: Bei vielen Bauten lohnt es sich tatsächlich, nur ein paar wertvolle Sekunden Aufmerksamkeit zu verschwenden (siehe oben: die Theoretiker sind frustriert).

Future Systems

Was die Bauzeitung veröffentlicht hat, ist lediglich ein kurzes Zitat. Amanda Levete hat bestimmt mehr zu bieten. Sie ist zudem ein Beweis dafür, dass der Spagat zwischen dem Bauen und der Architekturvermittlung in Ausnahmefällen zu schaffen ist: Levete hat sich an der Architectural Association (AA) in London zur Architektin ausgebildet und danach für Richard Rogers gearbeitet, bevor sie 1989 als Partnerin bei Future Systems einstieg. Heute hat sie ihr eigenes Büro. Sie ist Gastprofessorin am Royal College of Art. Levete ist regelmässige am  TV und Radio anzutreffen und schreibt eine Kolummne für ein Baumagazin.