Das siegreiche Investoren-Team um Daniele Marques nimmt den Stadtkörper eines künftigen Gross-Luzern als Referenz und setzt einen markanten städtebaulichen Vorposten auf die Allmend. Das Projekt inszeniert das neue Fussballstadion, einen Sportpalast und zwei Wohnhochhäuser als zusammenhängende architektonische Komposition. Für eine echte Hochausdiskussion fehlte der Wettbewerbsjury angeblich die Zeit.

sta. 1933, im Stadtbauplan von Architekt Armin Meili, ist die Luzerner Allmend mehrheitlich ein weisser Fleck. Die städtebauliche Bestandesaufnahme von 1966 unterscheidet bereits in Landschaftsgrün, öffentlich zugängliche Parkanlage sowie Bereiche mit Schul-, Turn- und Sportanlagen. Seit einigen Jahren steht die Luzerner Allmend, die am südlichen Stadtrand liegt, im Zentrum der Stadtentwicklung: Grundlage für die Bearbeitung der anstehenden Aufgaben ist ein von der Stadt Luzern zusammen mit den wichtigsten Akteuren und Anspruchsgruppen erarbeitetes Gesamtkonzept Allmendplanung, das verschiedene Nutzungsgebiete zusammenfasst.

PPP-Städtebau für Sport und Wohnungen

Im Nutzungsgebiet Sport und Messe, im Perimeter zwischen dem heutigen Messeareal und dem Zihlmattweg, hat sich die Stadt für die Durchführung eines selektiven, anonym durchgeführten Investorenwettbewerbs mit Präqualifikation entschieden. Dies mit dem Ziel, den Neubau des bestehenden Fussballstadions mit einer sportorientierten Mantelnutzung, im Anschluss an den Wettbewerb, als PPP zu realisieren. Die Aufgabe für die Investorenteams bestand darin, städtebaulich und architektonisch überzeugende sowie markttaugliche Projekte und Angebote für die Planung, den Bau und den Betrieb der Sportarena Allmend zu entwickeln. Zur Sportarena zählen ein neues Fussballstadion mit 15’000 Sitzplätzen sowie eine Mantelnutzung mit Hallenbad, Fitnesscenter, zwei Turnhallen und einer Trainingsinfrastruktur.

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Die Möglichkeiten für zusätzliche kommerzielle Nutzungen haben die Veranstalter mit Hilfe eines nicht shoppingtauglichen Fahrtenmodells eingeschränkt, das ein Kontingent von 2’500 zusätzlichen Autofahrten im Alltagsverkehr festlegt: Ein Steilpass für die Finanzierung der Sportarena durch den Bau von Wohnungen. Den Investoren stellt die Stadt ein unentgeltliches Baurecht auf 60 Jahre sowie einen Investitionsbeitrag von maximal 15 Millionen Franken (sieben Millionen für besondere städtebauliche und architektonische Qualitäten) in Aussicht. Hinzu kommt eine öffentliche Beteiligung an den Erstellungskosten für das Hallenbad.

Standort als Masstab im Entwurf

Die Herausforderung, in einem Investorenwettbewerb Sportnutzungen mit anderen Funktionen zu verbinden und zu finanzieren, liegt darin, diesbezüglich Lösungen zu finden, die nicht das eine dem anderen aufpfropfen. Die Jury hat an erster Stelle das Projekt der Pensionskasse des Bundes Publica, Bern, mit der Architektur von Daniele Marques, Luzern, überzeugt. Das Projekt nimmt die politische Zukunftsvision eines künftigen Gross-Luzern als Referenz und schlägt einen markanten städtebaulichen Vorposten am südlichen Stadtrand vor. Der Entwurf übersetzt das eigentliche Hauptthema auf der Luzerner Allmend, die Koexistenz verschiedener Ansprüche und Nutzungen in einem gemeinsamen Freiraum, in den vorgegebenen Planungsperimeter: Das neue Fussballstadion, ein Sportpalast mit den verlangten Mantelnutzungen und zwei filigrane Wohnhochhäuser von 109 und 134 Metern Höhe bilden eine baukörperliche Komposition in einem gemeinsamen Freiraum. Die Herangehensweise ist zunächst traditionell: Eine Setzung verschiedener Körper am Modell, die in einfachsten Proportionen zueinander stehen und somit als Ensemble zu ihrer überzeugenden Ausdruckskraft finden. Durch die Architektur und ihre verbindende Materialisierung der einzelnen Baukörper wird der künftige Sportstandort Allmend, nun ganz dem professionellen Zeitgeist verpflichtet, symbolisch aufgeladen: Das freigestellte Stadion, dessen weiche Formen und Zuschauerränge archetypisch an ein Amphitheater erinnern, empfängt die Matchbesucher zuerst mit einer Fassade aus goldfarbig eloxierten Aluminiumprofilen. Sie sollen, in Analogie zu Elementen aus Parkanlagen (Zäune, Gittertore und Lauben), an die Atmosphäre von Parklandschaften erinnern. Nach dem Eintritt präsentiert sich die eigentliche Fussballarena an ihrer Aussenseite in der FCL-Clubfarbe Blau.

Die beiden Wohnhochhäuser unterstützen die Absicht der Verfasser, ganz im Geist des Kulturstandorts KKL am Europaplatz, in Luzern ein weiteres städtebauliches Ausrufezeichen zu realisieren. Eines für die Luzerner Allmend, das für das Image eines privilegierten Sportstandorts steht: Neben Fussballspielen und Messen finden auf der Allmend auch Leichtathletikmeetings und Pferderennen statt. Als Gesamtkomposition mit einer Weitenwirkung und einem breiten Angebot an Identifikationsmöglichkeiten schafft das Projekt somit den auf der Allmend geforderten Spagat. Die Hochhäuser mit insgesamt 400 Miet- und Eigentumswohnungen (49’200 m2 Zusatznutzung) weisen als Teil der Gesamtkomposition mit dem Stadion und dem Sportpalast zudem darauf hin, dass sie (die von Architekten für die Stadt gebauten Zeichen) ihre Bedeutung für die Identifikation eines Ortes weitgehend an Ereignisse, an Events, abgetreten haben: Urbanität ist auf der Allmend ein temporäres Phänomen. Ob das vom Projekt angebotene Konzept, die beiden Nutzungen Sport und Wohnen einem gemeinsamen Freiraum zuzuordnen, unter diesen Bedingungen auch sozialräumlich funktioniert, wird eine mögliche Weiterbearbeitung aufzeigen.

Kein Quartierstadion für Luzern

Fünf Teams haben Ende März 2007 ihre Projekte eingereicht. Das zweit platzierte Team der Swisscanto Anlagestiftung, Zürich, mit den Luzerner Architekten Scheitlin und Syfrig sowie Lussi und Halter, schlägt einen knapp sechs Meter hohen Sockelbau vor, der die gesamte Nutzung aufnimmt und im Innern eine klar organisierte sowie eine für die Sportnutzungen attraktive Situation verspricht. Das Dach des Sockels ist als zusammenhängender Aussenraum mit verschiedenen Funktionen angedacht. Im Zentrum des Entwurfs steht das neue Fussballstadion. In seinem Innern sitzen die Zuschauer auf zwei Rängen. Das äussere Gesicht des Stadions ist als netzartige Betonhülle ausgebildet. Die insgesamt massvolle Höhenentwicklung ist dank der kompakten inneren Organisation möglich und nimmt explizit Bezug auf die Dimensionen bereits bestehender Hochhäuser in Luzern. Trotz den 33 Meter und 65 Meter hohen Gebäuden mit Wohnungen und einer Hotel-/Kongressnutzung (30’300 m2 Zusatznutzung) erweckt die Anlage den Gesamteindruck eines machbaren und marktfähigen Luzerner Quartierstadions.

Ebenfalls zur Nachbearbeitung empfohlen hat die Jury den Vorschlag der Mobimo Verwaltungs AG und der HRS Hauser Rutishauser Suter AG. Die beteiligten Architekten Burkhard Meyer, Baden sowie Andreas Rigert und Patrik Bisang, Luzern, schlagen eine städtebauliche Grossform vor, die das benachbarte Gelände mit den Messehallen direkt mit einbezieht. Die Mitte der Gebäudefigur bilden die Sport- und die kommerziellen Zusatznutzungen (39’700 m2 Wohn- und Ladenflächen). Sie sind 106 Meter hoch aufgetürmt. Über seine Dimension und formale Eigenständigkeit hinaus, bietet das Hochhaus wenig Identifikationsmöglichkeiten für eine Sportarena Allmend an.

Die Veranstalter haben mit den drei ausgezeichneten Projekten Lösungen erhalten, die, gemäss Jurybericht, nicht vergleichbar sind. Dieser Umstand zeigt den Risikobereich eines Investorenwettbewerbs auf: Bei der Sportarena Allmend ist das geforderte Aufgabenpaket, das zugleich den Städtebau und die Architektur der Sportarena mit Mantelnutzung und kommerzieller Zusatznutzung, das Betriebsmodell, die Kostenrechnung und die Finanzierung der ganzen Anlage umfasste, zu unterschiedlich interpretiert und bewältigt worden. Dass die Jury drei von fünf eingereichten Projekte zur Nachverhandlung bzw. Überarbeitung zugelassen hat, ist deshalb nachvollziehbar.

Keine Zeit für eine Hochhausdiskussion

Wohnhochhäuser haben eine eigene schweizerische Geschichte und führen immer ein Doppelleben: Eines für die Stadt und eines für die Bewohner. Der Bau von Wohnhochhäusern bedarf deshalb einer besonderen Massarbeit in einer konkreten räumlichen, politischen und finanziellen Situation. Nicht unerwartet hat das Wettbewerbsresultat aus dem Investorenwettbewerb Sportarena Allmend eine Hochhausfrage provoziert. Um ihr vorzubeugen, hat die Stadt Luzern als Veranstalterin (nach der städtebaulichen Zwischenbesprechung mit den Investoren-Teams und in Absprache mit der Jury) mit Hilfe von Fotomontagen die verträgliche und berechtigte Zeichenhaftigkeit (Jurybericht) möglicher Hochhauslösungen quantitativ auf 80 Meter Höhe festgelegt. Sollte es im Rahmen der Projektbereinigungen und des bevorstehenden politischen Prozesses in Luzern dennoch zu einer Hochhausdiskussion kommen, dann bleibt zumindest im Projekt Sportarena Allmend keine Zeit für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema: Die Lizenz-Vergabe an den FC Luzern durch die Swiss Football League ist an die Bedingung geknüpft, dass bis anfangs 2008 ein Baugesuch für ein neues Stadion eingereicht worden ist. Zudem erfordern weitere Themen, die für den künftigen Sportstandort Allmend entscheidend sind, die volle Aufmerksamkeit der Beteiligten: Luzern muss bis Ende 2008 mit den Bauarbeiten für den Ausbau der Zentralbahn (mit Haltestelle Allmend) beginnen, damit Bundesgelder in der Höhe von über 100 Millionen Franken beansprucht werden können. Auch über die Zentralbahn entscheidet eine Volksabstimmung.