Im Rahmen der Gesprächsreihe “KKL Impuls” hat der Publizist Marco Meier gestern Abend den Architekten Jacques Herzog zu einem Zweiergespräch empfangen.

sta. Herzog & de Meuron (H&dM) aus Basel zählen zu den weltweit renommiertesten Vertretern der Baukunst. 2001 erhielt das Büro den Pritzker Preis für Architektur. Jacques Herzog (68), bekannt für seine scharfen Analysen und seine rhetorische Präzision, liess es sich anlässlich seines Besuchs in Luzern nicht nehmen, seine Sicht auf das KKL, entworfen und gebaut von Berufskollege Jean Nouvel, auf den Punkt zu bringen: “Das KKL ist vor allem ein Dach, und das ist das Geniale daran.”

Der Auftritt von Jacques Herzog war insgesamt sehr authentisch. Er präsentierte ein Bild von einem Mann, der immer noch ungebremst davon angetrieben ist, “in Partnerschaft mit Pierre” (Anm: Pierre de Meuron) die Welt durch Planung und Bauten radikal anders und „besser“ zu machen. Als wichtigster inhaltlicher “Inputgeber” kommt Herzog daher nicht umhin, mit dem jeweiligen Kontext einer Aufgabenstellung mindestens ebenso streng (radikal) und präzis umzugehen, wie mit sich selbst und einem sich stets wandelnden Lebensweg. HdM hinterlassen mit diesem Selbstverständnis seit vier Jahrzehnten derart Eigenes, Stimmiges und Ikonisches, dass die Nachfrage danach scheinbar unaufhaltsam und weit über die Disziplin Architektur hinaus gewachsen ist.

Die narzisstische Würze, welche die Persönlichkeit Jacques Herzog bei seinen Auftritten jeweils mit begleitet, wirkte im KKL, der kollegialen Gesprächsführung durch Marco Meier sei Dank, die meiste Zeit unterhaltsam und sogar belebend. Grenzwertig wurde die Selbstdarstellung in dem Moment, als der Autorenarchitekt sein vermeintlich arrogant wirkendes Auftreten gleich selbst ansprach, kommentierte und bei der nächsten Gelegenheit von HdM als Firma mit 5’000 Mitarbeitenden tagträumte. JH kann aber noch ganz anders: 2010 etwa unterliess es ein kämpferisch auftretender Jacques Herzog unter dem Titel “Wohin treibt die Schweiz?”,  nicht, sich kritisch und reaktionär über die schweizerische Politik zu äussern, indem er öffentlich mit dem  Vergleich zwischen einem erfolgreichen Architekten und einem guten Diktator“  kokettierte.

Das Fazit zum Abend: Wenn zwei in ihrem Fach anerkannte, gute Experten, die sich selbst und das anwesende Publikum auch gut finden, sich im KKL öffentlich darüber unterhalten, was draussen in der Welt architektonisch das Gute und Schlechte (z.B die Europa-Allee in Zürich) ist, dann sind sich im Saal schnell alle irgendwie einig. Ob dieses harmonisierte Setting für die beiden Guten auf dem Podium, für das gutmütige Publikum, den Veranstalter und die Sponsoren letztlich gut oder schlecht war, ist egal. Gute 90 Minuten Unterhaltung zum Preis von 25 Franken waren es allemal.

PS: In einem kurzen Moment waren sich die beiden Guten auf dem Podium übrigens doch nicht ganz einig: MM: “Fehlt dem KKL nicht doch eine Fassade zu Stadt?“.  JH: “Nein: Das KKL ist vor allem ein Dach, und das ist das Geniale daran.”