“Wohin treibt die Schweiz?” Unter diesem Titel haben DIE ZEIT und das Theater Basel den Architekten Jacques Herzog (Herzog & de Meuron) am 3. Juni 2010 zu einem Vortrag und anschliessendem Gespräch mit dem Schweiz-Korrespondenten Peer Teuwsen in das Schauspielhaus Basel eingeladen. Das Büro für Stadtfragen ermöglicht den Vergleich zwischen dem Protokoll vor Ort (Vortrag und Interview) und der nachträglichen journalistischen Inszenierung des Events in die ZEIT – unautorisiert.
Quellen Büro für Stadtfragen: Vortrag // Interview // Artikel DIE ZEIT
Die Idee vom guten Diktator
(sta) Das journalistische Produkt des Events vom 3. Juni, den (Zitat) “Auszug aus einer Rede von Jacques Herzog” hat DIE ZEIT in ihrer Ausgabe vom 17. Juni 2010 publiziert. Es handelt sich um eine Zusammenfassung aus dem Kurzvortrag von Jacques Herzog und dem anschliessenden Interview mit Peer Teuwsen. Die Verhaltensregel “Misch dich nicht ein!” kritisierte der Basler Architekt an diesem Abend als eine typisch schweizerische Eigenart. Gleichzeitig gab er unter dem Eindruck der eigenen Arbeit in China seiner politischen Idee vom “guten Diktator” Ausdruck (vgl. Interview). Das Büro für Stadtfragen mischt sich ebenso unschweizerisch in die verlegerische Inszenierung, das kommunikative CO-Branding von Zeitung und Stararchitekt ein und publiziert im O-Ton, was Jacques Herzog über Urbanität und Urbanismus, über Gemeindepolitik, die Macht der Bilder, China, Basel und Zürich, sich selbst und über die Schweiz gesagt hat: “Ich denke, die Demokratie, wie wir sie kennen, ist am Ende”, liess er u.a. verlauten.
Für das Protokoll: unautorisiert
Vortrag und Gespräch sind vor Ort aufgezeichnet und hier wohlwollend in Text übersetzt worden (vgl. Quellen). Dass Peer Teuwsen und Jacques Herzog die Abschriften auf Anfrage nicht autorisiert haben, ist durchaus verständlich. Dennoch: Ihre Reaktion spricht gleichzeitig dafür, die unmittelbare Form des Gespräch-Protokolls vor Ort gerade in Zeiten von Crossmedia-Strategien in der PR-Arbeit globaler Architekturunternehmen und den gleichzeitig schwindenen journalistischen Ressourcen in den Redaktionen weiterhin hoch zu halten – oder sie sogar wieder neu zu entdecken.
Architekt und Werk sind zweierlei
Als prominenter (Autor-)Architekt, Unternehmer und angesehener Lehrer hat Jacques Herzog bei seinem Auftritt das gemacht, was ihn selbst als Urbanist seit Jahren und zurecht auszeichnet, und was er selbst von “aufgeklärten, urbanen Menschen” einfordert: Er hat sich in Basel gezeigt – einmal mehr und im O-Ton des Gesprächs über die Sache der Politik gefährlicher aber umso verständlicher und authentischer als später im Blatt. Beim Vergleich und der Bewertung der Texte und Aussagen gilt die Regel: Architekt und Werk sind zweierlei. “Dass Künstler und Kunstwerk nicht verwechselt werden dürfen, ist eine Proseminarweisheit” (Nerdinger, Architektur, Macht, Erinnerung, Prestel 2004, S. 83).