Instant ist nicht nur der Kaffee seit über hundert Jahren; auch Stadt kann sofort und überall angerührt werden, z.B. in Form von Events. Luzern lebt vermeintlich gut davon.
1901 erfand der japanische Wissenschafter Satori Kato in Chicago den Instantkaffee. Den Grundstein für die industrielle Herstellung legte 1938 die Schweizer Firma Nestle. Die Zubereitung eines Instantkaffees ist einfacher als bei normalem, frischem Kaffee. Wieder 30 Jahre später, zwischen 1968 und 1970, erfand die englische Architektengruppe Archigram die Utopie der Instant City: Vorstellungen über temporäre Städte, die eingeflogen werden und quasi über Nacht entstehen. Es gelang der Gruppe dadurch allerdings nicht, die beabsichtige fundierte gesellschaftskritische Meinung zur Inszenierung der Umwelt durch die aufkommenden Massenmedien, einzunehmen, ganz im Gegenteil: Sie entwickelten einen unbeschränkten Technologie-Optimismus verbunden mit einer undistanzierten Medienfaszination, abgebildet in poppigen Bildwelten. Die frühen Gedanken zu einer (einfach und schnell angerührten) Stadt der Massen- bzw. Mediengesellschaften lassen sich heute ohne grosse Anstrengung u.a. in der städtischen Event-Kultur wieder erkennen. Anzumerken ist jedoch: Luna-Paks sind älter als Archigrams Instant City-Fantasien.
Beispiel Luzern: Stadt als Event
Der Vergleich zwischen instant Kaffee und instant City, dem schnellen globalen Getränk und der schnellen globalen Stadtproduktion, lässt sich an vielen Beispielen erklären: Die Stadt als Event ist einfach zuzubereiten, massentauglich, global und medial anwend- und verwertbar. Zum Beispiel in Luzern: Die Stadt hat sich in den letzten Jahrhunderten mangels alternativer wirtschaftlicher Ressourcen immer wieder dem politischen, touristischen und baulichen Entwicklungskonzept “Kultur” verschrieben, zuletzt eindrücklich und erfolgreich in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Der Paukenschlag KKL hallt seither in der Öffentlichkeit bis heute nach. Events sind hier im Zuge der globalisierten Kulturökonomie zum Dach der luzernischen Stadtlandschaft geworden: Lucerne Festival, Rose d’Or, BlueBalls, Marathon. Das Rezept für eine derartig städtische Kulturpolitik könnte als Dreischritt zusammengefasst werden: 1. Private Top-Down-Investitionen in die Kultur lokalpolitisch integrieren und so inszenieren, wie es Jean Nouvel mit seiner entwerferischen ‘inclusion’ für das KKL vorgezeigt hat. 2. Sozio-kultureller Widerstand und Innovation von unten baulich disziplinieren (Lido, BOA, Südpol). 3. Öffentlicher Stadtraum hoheitlich verwalten und kommerziell als Hülle, Objekt und Lebensraum für eigene oder fremde kommunikative Botschaften von Veranstaltern und Sponsoren anbieten.
Instant Cities und instant Kaffee sind globale Phänomene und Produkte der Informationsgesellschaft. Luzern lebt gut davon und vielleicht bald noch besser: Während die Sportarena auf der Allmend noch gebaut wird, ist das Projekt Salle Modulable daran, das nächste Kapitel Kulturgeschichte zu schreiben: private 100 Mio Franken (Top-Down-Investition) stehen dafür bereit.
Bilder: Blick aus dem diesjährigen Gelände des Luga-Lunaparks auf den Pilatus.