Der kleine Tourismusort Brand in Österreich hat das, was viele schweizerische Dorfschaften sich heimlich wünschen: Ein Dorfzentrum ohne Bank und W3-Wohnbauten. Es trägt den Namen Walserensemble.

Das Dorf Brand liegt auf knapp 1000 Meter über Meer im österreichischen Brandnertal nahe der Schweizer Grenze, nur unweit von Feldkirch entfernt. Im 14. Jahrhundert kam es hier in einem Hochtal zur Ansiedlung von zwölf Walserfamilien (u.a. aus dem Wallis). Erst ab 1727 gab es eine eigene Pfarrei in Brand, in der damals etwa 200 Menschen lebten. Die Habsburger regierten die Orte in Vorarlberg wechselnd von Tirol und vom vorderösterreichischen Freiburg im Breisgau aus. Von 1805 bis 1814 gehörte der Ort zu Bayern, dann wieder zu Österreich. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts kam im Ort zunehmend Tourismus auf. Von 1951 an wurden diverse Bergbahnen und Skilifte errichtet. Auf den Pisten und Wanderwegen wird heute oft Schweizerdeutsch gesprochen. Und so erstaunt es nicht, dass man sich bei der Einfahrt in Brand an Skiorte wie Sörenberg im Entlebuch erinnert: Eine Hauptstrasse flankiert von kleinen Geschäften, Pensionen, Ferienhäusern und kleinen Hotelbetrieben verbindet die Anschlüsse zu den Bergbahnen.

Vorarlberger Baukultur

Allerdings gibt es Unterschiede: Die Gastfreundschaft zum Beispiel fällt gegenüber den Erfahrungen in der Schweiz einmal mehr auf. In Brand ist zudem der zeitgemässe Umgang mit der traditionellen Bauweise auffallend. Letzteres zeigt sich, dort, wo Brand Dorfzentrum sein will, an einem Ort, der den Namen Wallserensemble trägt. Lange Zeit verfügte Brand über keinen ausgesprochenen Orts- bzw. Dorfkern. Zwei, drei teils öffentlich genutzte Häuser neben der Kirche bildeten ein bescheidenes funktionales und räumliches Zentrum. Seit der Errichtung des Gemeindezentrums in den 1990-iger Jahren konnte sich das Mühledörfle als wirtschaftliches Zentrum etablieren. 2005 wurde beschlossen, im Bereich des Kirchplatzes ein „Walserensemble“ zu errichten. Nach verschiedenen politischen Diskussionen zum Vorgehen und zur Vergabe (Architekten Spagolla und Rutsch) besteht das Walserensemble heute aus dem alten Schulhaus, dem so genannten Walserhus, dem Pfarrhof und der kath. Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt mit Friedhof. Sowohl das Alte Schulhaus als auch die Kirche und der Pfarrhof stehen unter Denkmalschutz. Das Walserhus ist nicht denkmalgeschützt. Es ergänzt den gemeinsamen Kirchplatz jedoch nicht ungeschickt um einen orstbaulichen Eckpunkt, dessen Aussenraum als Bühne verwendet werden kann. 2006 entschied der Gemeinderat, darin keine Gastronomienutzung zu erlauben.

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Das Schulhaus ist ebenso ein öffentlicher Ort und kann für Anlässe, Ausstellungen oder Seminare gemietet werden.

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Architektonisch ebenso überzeugend wie faszinierend ist bis heute die Erweiterung der katholischen Kirche durch Leopold Kaufmann 1961, in Kooperation mit Helmut Eisende und Bernhard Haeckel. Einem Nur-Dach-Haus ähnlich wurde der Kirchenraum um einen neue Altarraum, zusätzliche Sitzplätze und eine Orgelempore erweitert. Dach und Fassaden sind mit Schindeln bedeckt (gerade jetzt neu saniert).

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