Die Olympischen Spiel 2012 in London inszenieren “Stadt” als Event einer Public-Privat-Partnerschip. Jüngstes Beispiel: Der Künstler und Designer Anish Kapoor, Ingenieur Cecil Balmond von Arup, der indische Stahlkonzern ArcelorMittal und die Stadt London bauen zusammen den “ArcelorMittal Orbit”, eine 115 Meter hohe Stahl-Skulptur mit Aussichtsterrasse. Das ikonische Spektakel soll Touristen/innen und eine weltweite mediale Aufmerksamkeit vor und anlässlich der Games wie “Honig die Bienen” anziehen (Medienmitteilung). Die Ausstellungsarchitektur ist zudem ein Symbol für die Stadtentwicklung im East End von London.
Der Künstler Anish Kapoor hat den Zuschlag für den Bau seines 115 Meter hohen Turms erhalten. Die Skulptur, die in Zusammenarbeit mit Cecil Balmond von Arup entstanden ist, trägt den Namen ArcelorMittal Orbit. Das erklärte Markenzeichen im öffentlichen Raum der Olympischen Spiele 2010 in London ist auch Symbol für die Stadtentwicklung im Londoner East End. Die Brücke zwischen Kunst, Architektur, Städtebau, Engineering und Business, die hier geschlagen wird, soll eine Ausstellungsarchitektur schaffen, zu der einmal mehr die Superlative dazu gehört: Die Skulptur soll die Grösste in England werden und übertrifft mit Hilfe eines formalen Kraftakts, wie es in den Bildern scheint, doch noch die Freiheitsstatue in New York um ganze 22 Meter. Die Besucher/innen werden mit Liften auf die Aussichtsplattform gebracht und können danach spiralförmig die Treppe hinuntersteigen.
Kunstleiter in den Firmenhimmel
Die Skulptur besteht aus ineinander verdrehten Stahlröhren und Streben. In ihrer Form erinnert das Gebilde an eine orientalische Wasserpfeife. Ihr Name gehorcht der Reputations- und Markenpflege des Sponsors und setzt sich aus dem Firmennamen “ArcelorMittal” und dem Zusatz “Orbit” zusammen. Die Ikone ist demnach zugleich Showcase und stilisiertes Abbild der Umlaufbahn am Stahl- und Firmenhimmel, auf der sich die Mittals bewegen; man zeigt sich weltoffen, dynamisch-erfolgreich und jung: Lakshmi Mittal, CEO des indischen Familien-Stahlkonzerns ArcelorMittal kommentierte das Engagement bei der Bekanntgabe des Projekts:
“The Olympic Games are one of the few truly iconic global events. I was immediately excited by the prospect of ArcelorMittal becoming involved because ArcelorMittal is a global company with operations in more than 60 countries. Everyone at ArcelorMittal is delighted with the outcome of the ArcelorMittal Orbit. London will have a bold, beautiful and magnificent sculpture that also showcases the great versatility of steel.”
Diese Art von PR in Form eines idealen Stadtraums für Reputations- und Werbeziele einer Firma (Best Urban Space) kostet Geld: Mit der Grosszügigkeit eines Hauptsponsors übernimmt ArcelorMittal 85% der Kosten in der Höhe von rund 19 Millionen Pfund. 3 Millionen Pfund trägt die Londoner Development Agency bei.
Transnationaler Stahlkonzern
Der Stahlkonzern kann sich die Investition wahrlich leisten: ArcelorMittal ist ein transnationaler Stahlkonzern mit indischen Wurzeln. Das Unternehmen verfügt (laut Wikipedia) über rund 60 Werke in mehr als zwei Dutzend Staaten und beschäftigt rund 310.000 Mitarbeiter. Für das Jahr 2007 war ein EBITDA von 19,4 Mrd. US-Dollar angekündigt. Damit ist Arcelor Mittal in jeglicher Hinsicht der mit Abstand größte Stahlproduzent der Welt und einer der weltweit führenden multinationalen Konzerne. Er fand sich 2008 auf Platz 28 der Fortune 500 wieder. Unternehmenssitz ist Luxemburg. Der Konzern ist aus einer indischen Familiengeschichte heraus entstanden: In der Familiengeschichte Mittal waren immer mehr als 90 Prozent der Aktienanteile stets in Familienbesitz. Mittal Steel hat seinen Sitz in Rotterdam, wird aber vom Berkeley Square in London durch Lakshmi Mittal und dessen Sohn Aditya geleitet. Mittals größter Konkurrent Arcelor wurde in den Jahren 2006 bis 2007 durch feindliche Übernahme erworben; das Ende der Mittal Steel Company in ihrer bisherigen Form war damit besiegelt. Beide Unternehmen fusionierten zu ArcelorMittal. Lakshmi Mittal ist seit Ende 2006 Vorsitzender des Vorstands.
Monumentale Stadtskulptur
Der indische Künstler Anish Kapoor trägt den Turner Preis und ist bereits bekannt für monumentale Objekte, die er in Stadträume stellt. Geboren 1954 in Mumbai, Indien, kam Kapoor 1972 nach London und studierte zunächst Kunst und später Kunst und Design. Zu seinem Werk sagt er: ‘I am particularly attracted to it because of the opportunity to involve members of the public in a particularly close and personal way. It is the commission of a lifetime.’ Internationale Aufmerksamkeit erhielt Kapoor bereits in den 1970er Jahren mit Skulpturen aus Farbpigmenten. Über monochrome Rauminstallationen gelangte er zu Monumentalskulpturen aus ungewöhnlichen Werkstoffen: Marsyas in der Turbinenhalle der Tate Modern (2002), die Werkausstellung im Kunsthaus Bregenz 2003 mit einer 20 Tonnen schweren rote Skulptur aus Vaseline und Wachs (My red Homeland) und Cloud Gate, eine 110 Tonnen schwere, rostfreie Stahlkonstruktion im Millennium-Park in Chicago von 2004 sind Beispiele dafür.